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2.1.3 Leben und Überleben
Die Stämme der Steppe lebten als Nomaden und zogen von Ort zu Ort, um für die Viehhaltung (meist Pferde und Schafe ) geeignetes Weideland zu finden. Sie bewohnten Filzzelte. Die Waldstämme lebten in Hütten aus Birkenrinde, von der Jagd[22] und vom Fischfang.[23] Mit Ochsenkarren zogen die Stämme turnusmäßig von Weidegebiet zu Weidegebiet:
„Manche dieser Wagen waren sechs Meter breit, mit übermannshohen Rädern versehen; sie wurden von zwei Reihen zu je elf Zugtieren befördert. [...] Bei der Ankunft am Ziel setzte man das Zelt ab und richtete sich sofort häuslich ein: Eine Hälfte diente als Raum für die Frauen und für den Küchenbetrieb, während die Männer in der anderen Hälfte ihre Besucher empfingen. Von der Feuerstelle inmitten des Zeltes erhob sich der Rauch und stieg durch die Dachöffnung nach draußen.“[24]
Das Leben der mongolischen Völker muss ein ständiger Kampf ums Überleben gewesen sein. Neumann-Hoditz beschreibt die Lebensbedingungen eindrücklich mit den Worten:
„Die unwirtliche Natur der Steppe mit ihren rauhen Winden, schneidender Kälte und sengender Hitze, die harten Bedingungen des Hirtenlebens ihrer nomadisierenden Bewohner, formten [...] widerstandsfähige Menschen [...] Im Norden liegen die undurchdringlichen sibirischen Wälder. Im Süden geht das Weideland in Sand- und Steinwüste über. Dazwischen erstreckt sich die Grassteppe, die im Frühling zu einem freundlichen, aber kurzen Leben erwacht, mit einer Vegetation, die nur entlang der Flüsse üppig genannt werden kann, die im Sommer verdorrt und in den langen Wintermonaten in einer Schneewüste erstarrt.“[25]
Das Gebiet der Mongolen hatte also von den kältesten Regionen, wie sie nur in der Arktis vorkommen, bis zu den heißesten Zonen alles zu bieten, was das Leben erschweren konnte. Lange, kalte und dunkle Winter brachten alle Aktivitäten zum Erliegen. Heiße Sommer trockneten den Erdboden aus und vernichteten die Vegetation bis auf die kümmerlichen Reste einer Steppe. An Landwirtschaft, die in China schon seit 7500 v.Chr. betrieben wurde, war unter diesen Umständen gar nicht zu denken.[26]
In dieser voragrarischen Gesellschaft bestimmte die Umwelt das Leben, und damit hatten sich die Mongolen frühzeitig abgefunden. So war es selbstverständlich, dass zur Not auch am Wegesrand gefundene tote Mäuse und Kleintiere oder die eigenen Hunde und Katzen die Speisekarte ergänzten. Dies brachte im Gegensatz zu heute keine Empfindlichkeiten hervor, sondern war Bestandteil des täglichen Überlebenskampfes.[27]
Das Pferd stellte den Mittelpunkt der mongolischen Gesellschaft dar. Die Pferde waren kaum größer als Ponys, aber von starkem Knochenbau und verfügten über ausgebildete Muskeln und eine beachtliche Ausdauer. Von Vorteil war die Bescheidenheit der Tiere bei der Futterwahl. Die oft spärlichen Erträge der Natur im Winter und Sommer waren ausreichend, um sie zu versorgen. Schon bevor die jungen Mongolen stehen konnten, wurden sie auf die Pferde gesetzt, was die Verbindung von Tier und Mensch zu einer Selbstverständlichkeit machte. Reiten, essen, trinken und schlafen waren die Tätigkeiten, die auf dem Rücken der Pferde ausgeführt wurden.
Der Reichtum der mongolischen Völker war, wenn man nur die materiellen Dinge betrachtet, äußerst bescheiden. Wolle, Pelze und Häute dienten als Kleidung und für die Herstellung der Ausrüstung. Aus der Stutenmilch wurde Quark, Käse und koumiss, das streng schmeckende, mongolische Getränk, gewonnen. Verfügten sie über Getreide, kam auch mal Schleimsuppe oder Brot auf den Tisch. Fleisch war Hauptbestandteil der Nahrung, und was nicht gleich aufgegessen werden konnte, wurde getrocknet oder geräuchert. Waffen, Waren und Schmuck stammten meist aus dem Handel mit weiter entwickelten Gesellschaften.
Die Mongolen waren zwar soweit es ging an die natürlichen Umweltbedingungen angepasst, doch der Überlebenskampf stellte sich jeden Tag aufs Neue, sei es nun wegen der Natur oder der unzähligen Feinde, die die Stämme bedrohten.
[22] Allerdings jagten auch die Hirtenstämme Wild, wie z.B. die Antilope. Dies waren nur andere Tierarten und andere Jagdweisen, nämlich mit dem Pferd, dem Lasso und mit Pfeil und Bogen, während die Waldstämme aufgrund der Umgebung auch Fallen einsetzten.
[23] Ratchnevsky unterscheidet in Waldvölker und Hirtenvölker (vgl. Ratchnevsky 1983, S. 5).
[24] Brent, S. 29f. Als Beispiel dazu siehe die Abbildung in Anlage II im Anhang.
[25] Neumann-Hoditz, S. 108.
[26] Dies war der Grund für das Nomadenleben. Denn die z.T. riesigen Viehherden mussten ernährt werden und vernichteten innerhalb kürzester Zeit die ohnehin kümmerliche Vegetation.
[27] Vgl. Brent, S. 30. Brent gibt zusätzlich das Beispiel eines im Schnee vom Erfrieren bedrohten Mannes an, der die Adern seines Pferdes öffnete, um das warme Blut zu trinken. Allerdings waren die Mongolen so wissend, dass sie die Wunden ihrer Pferde, immerhin ihr wertvollster Besitz, nach so einer Aktion auch wieder sicher verschlossen und ihre Tiere nicht über Gebühr als Zapfstelle gebrauchten.
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